Pulslehre

Erfühlen des Lebendigen

Einführung

Die Pulslehre stellte in den Praxen aller Homöopathen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts das wichtigste diagnostische Werkzeug überhaupt dar - und somit ganz selbstverständlich eine wesentliche Hilfe zur Arzneidifferenzierung und Verlaufseinschätzung.
Daher liegt es nahe, dieses Werkzeug, das inzwischen aus dem medizinischen Alltag so gut wie verschwunden ist, in Erinnerung zu rufen. Und das fördert Unerwartetes zu Tage: Es zeigt sich, dass die westliche Pulslehre an Reichtum und Raffinesse den östlichen Traditionen nicht nachsteht.
Sie erweist sich als eine Kunst, die in ihren Tiefen zwar heute weitgehend vergessen ist - die jedoch bereits in der pragmatischen Anwendung durch die HomöopathInnen des 19. und 20. Jahrhunderts von großer ganzheitlicher Aussagekraft war. Und überraschenderweise zeigte schon der junge Samuel Hahnemann fundierte Kenntnisse der westlichen Pulstradition in all ihren Schattierungen.
Diese abendländische Pulstradition eröffnet ein sehr komplexes Feld, das über Jahre erarbeitet und praktisch erfahren werden muss. Eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis, Respekt vor altem Wissen und vor moderner Physiologie, Feinheit in der Wahrnehmung und Kritikfähigkeit bei der Ausdeutung, pragmatische Befundung und Annäherung an die „Hohe Kunst“ - ein äußerst weites Spektrum tut sich auf.

Ein historischer Überblick über die Abendländische Puls-Tradition kann dem folgenden Video entnommen werden:

Pulslehre- Video

Praxis

Im Rahmen der homöopathischen Behandlung wird die abendländische Puls-Tradition ganz unter-schiedlich eingesetzt. Sie erlaubt einen umfassenden Einblick in die ganzheitlichen Zusammenhänge in Körper und Geist der PatientInnen und vermittelt einen Eindruck des aktuellen Geschehens und seiner Tendenzen. Gemeinsam mit anderen Zeichen ergeben sich daraus Hinweise zur Diagnose, zur Krankheits-Entwicklung und zur Begleitung des Heilungsverlaufs. Darüber hinaus kann die detaillierte Wahrnehmung der Pulsqualtät unmittelbare Hinweise auf das gesuchte Heilmittel beinhalten. Der Pulsbefund und seine Veränderungen erlauben somit, Fehlentwicklungen und Heilungsverläufe genauer einzuschätzen und ermöglichen eine intensive und sichere Begleitung während der Erkrankung.


Puls-Memo nach J. Struthius

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Ausbildung

Die folgende Download-Datei informiert über den Puls-Workshop 2024:

Pulslehre-2024 Flyer


Diese Einführung in die "Traditionell Abendländische Pulslehre" kann auch in einer erweiterten online-Fassung belegt werden - ein Einstieg ist jederzeit möglich.

Pulslehre online - Flyer Pulslehre online - Struktur

Forschung

Die Abendländische Pulslehre in ihrem ungeheuren Facettenreichtum ist eine Kunst, die im Rahmen der medizinischen Neuentwicklungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend missverstanden wurde und in Vergessenheit geriet. Heute gibt es kaum noch Kenntnisse über diesen verlorengegangene Schatz und somit nur sehr wenig lebendiges Wissen, das alte Erfahrungen mit heutiger Praxis und aktueller Medizinforschung verbindet. Da einerseits die alten Erfahrungen in umfangreicher Literatur vorliegen und zunehmend die modernen Entwicklungen der Medizin diese alten Erfahrungen plausibel erscheinen lassen, ist es an der Zeit, diesen Schatz in einer gemeinsamen Anstrengung zu heben und in der eigenen Praxis zum Leben zu erwecken.

Dies erfordert eine Zusammenarbeit auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Gesucht werden 

- SprachwissenschaftlerInnen, die lateinische und altgriechische (und französische) Texte in der Sprache der früheren Jahrhunderte durchdringen können.

- PraktikerInnen, die in eigener ambulanter Praxis oder im Klinikbetrieb die Möglichkeit zur Konsolidierung des Pulswissens sehen.

- KardiologInnen und andere MedizinerInnen, die aktuelle Forschung-Inhalte mit alten Traditionen in Verbindung setzen können.

- Medizin-HistorikerInnen, die die früheren Denkweisen von heutigen Denkmustern zu unterscheiden wissen.

- PraktikerInnen von anderen - z.B. östlichen - Pulstraditionen, die an einer vergleichenden Darstellung interessiert sind.

- u.v.m. 

Bei Interesse bitte melden - über ein gemeinsames Arbeiten an einem derart lohnenden Thema würde ich mich sehr freuen.

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"Rodin wußte, daß es zunächst auf eine unfehlbare Kenntnis des menschlichen Körpers ankam. Langsam, forschend war er bis zu seiner Oberfläche vorgeschritten, und nun streckte sich von außen eine Hand entgegen, welche diese Oberfläche von der anderen Seite ebenso genau bestimmte und begrenzte, wie sie es von innen war. Je weiter er ging auf seinem entlegenen Wege, desto mehr blieb der Zufall zurück, und ein Gesetz führte ihn dem anderen zu. Und schließlich war es diese Oberfläche, auf die seine Forschung sich wandte. Sie bestand aus unendlich vielen Begegnungen des Lichtes mit dem Dinge, und es zeigte sich, daß jede dieser Begegnungen anders war und jede merkwürdig. An dieser Stelle schienen sie einander aufzunehmen, an jener sich zögernd zu begrüßen, an einer dritten fremd aneinander vorbeizugehen; und es gab Stellen ohne Ende und keine, auf der nicht etwas geschah. Es gab keine Leere."


Rainer Maria Rilke über Auguste Rodin (Anregung aus R. Amber „The Pulse in Orient and Occident“)


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